Dog-Style, Brigitta Kalbermatter, Chlupfwiesstrasse 9, 8165 Oberweningen Natel 079 611 02 84
Dog-Style
HAARIGES HOBBY
Erschienen in der Schweizer Familie mit freundlicher Genehmigung
Artikel in der Schweizer Familie Text: Gabriela Meile Fotos: René Ruis
Was andern lästig ist, spinnt sie zu feiner Wolle: Hundecoiffeuse Brigitta Kalbermatter strickt aus dem Fell ihrer vierbeinigen Kundschaft Warmes für kalte Tage.
Brigitta Kalbermatter kämmt die Unterwolle aus dem Fell der Landseer-Hündin Kira von Ingrid Hauenstein (r.).
Schals, Finken oder Armstulpen. Fein säuberlich sind sie zum Verkauf ausgestellt. An den Wänden hängen lange Fäden, gewonnen aus dem Fell von Schäfern, auf einem Regal liegen Knäuel vom Sheltie, Zwergspitz, Eurasier,Border Collie, Husky. Ein Nischenprodukt Früher entsorgte Brigitta Kalbermatter das viele Hundehaar, das bei ihrer Arbeit anfällt. Aber eines Tages erinnerte sie sich an ein altes Spinnrad, ein Erbstück ihres Vaters. Als ehemalige Verkäuferin von Handarbeitsartikeln habe sie sich gedacht: «Hundehaar ist eine wunderbare Ressource. Alle sprechen von Nachhaltigkeit, ich könnte einen Beitrag leisten.» Vor drei Jahren erstand sie deshalb ein neues Spinnrad, besuchte Kurse und begann, die Unterwolle ihrer tierischen Kundschaft zu sammeln. Inzwischen schicken ihr Halterinnen und Halter zudem wöchentlich Pakete, gefüllt mit Hundehaaren. Manchmal ist der Inhalt allerdings unbrauchbar. Kalbermatter betont: «Deckhaar ist zu kurz und zu sperrig.
Kalbermatter jeweils die Hundehaare lockert und ordnet, um anschliessend Wolle daraus zu spinnen. Die Schritte sind jenen bei der Verarbeitung Schaf- oder Alpakawolle ähnlich. Die Produkte, die entstehen, sind die gleichen: Brigitta Kalbermatter strickt etwa
Wild wirbeln flauschige Haarbüschel durch die Luft. Mittendrin steht Bubbles von Württemberg, genannt Kira, im warmen Wind des grossen Föhns. Die Landseer-Hündin mit Stammbaum hat einen Termin im Salon. Doch sie ist nicht bloss zur Pflege hier, sondern liefert gleichzeitig einen Rohstoff, auf den es Hundecoiffeuse Brigitta Kalbermatter abgesehen hat: Unterwolle. Die segelt nach und nach zu Boden. Kalbermatter sammelt ihre Ausbeute ein und nickt zufrieden. Fast 200 Gramm hat sie Kira aus dem Fell gebürstet und geblasen. Sie murmelt: «Das ergibt mindestens ein Knäuel.» Richtig: Brigitta Kalbermatter, demnächst 64, fertigt in ihrem Salon Dog-Style im zürcherischen Oberweningen aus Hundehaaren Wolle. Manche mögen denken, diese Frau, die spinne. «Sie haben recht. Ich spinne wortwörtlich», sagt sie, lacht, und zeigt auf ihr Spinnrad. Ihr Geschäft hat sie vor zehn Jahren in den umgebauten Räumen der Garage und des Kellers eröffnet, weil sie durch ihre zwei Cairn Terrier Erfahrung in der Pflege von Vierbeinern hatte und ständig um Hilfe gebeten wurde. Im Vorraum stehtauch eine Karde, ein Gerät mit kleinen Haken, worauf
Brigitta Kalbermatter in ihrem Salon in Oberweningen mit Handschuhen aus Wolfsspitz -Wolle. Ihre Cairn Terrier Oki und Diego (auf dem Stuhl) tragen Schäfer und Chow-Chow.
Aufmerksam schauen die Cairn Terrier Oki und Diego ihrem Frauchen beim Spinnen zu.
Säuberlich geordnetes Garn aus Hundehaar
Pudel, Labrador oder Terrier eignen sich überhaupt nicht. Ich kann lediglich die feine Unterwolle von Hunden mit langem Fell verwenden.» Eine, der Brigitta Kalbermatters Idee gefällt, ist Sabina Brägger, Inhaberin der Firma Swiss Materials, Design & Products. Sie beschäftigt sich mit nachhaltigen Materialien, die hierzulande bisher nur wenig genutzt
«Textilverbands, überzeugt. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass in der Schweiz Hundewolle je industriell verarbeitet wird. Die Menge reicht nicht aus. Für Hundebesitzer und -besitzerinnen mag es jedoch herzig sein, Sachen von ihren Vierbeinern zu tragen.» Mehr als nur Fellpflege Dass dem so ist, bestätigen die Reaktionen von Kalbermatters begeisterter Kundschaft.
«Die Fasern des Hundehaars sind rutschiger als die von Schafen. Deshalb ist es aufwendiger, sie zu spinnen.» Brigitta Kalbermatter
Brigitta Kalbermatter strickt auch für ihren Mann und ihre zwei Hunde
Es wurde durch Auskämmen des Unterhaars gewonnen
Die einen bestellen fertige Produkte, die anderen kaufen die Wolle. Manche möchten ein Andenken für die Zeit, wenn ihr Hund dereinst nicht mehr ist. Andere freuen sich über den Partnerlook mit ihrem Liebling. So wie Ingrid Hauenstein, die mit ihren Landseer-Hündinnen Kira und Cassy bloss wenige Häuser vom Salon entfernt wohnt. Zweimal jährlich bringt sie die Tiere zur Fellpflege vorbei. Nun ist Cassy an der Reihe. Die Hundecoiffeuse greift zu einer Bürste mit feinen Haken und fährt durch das Fell, immer mit dem Lauf der Haare, damit es nicht ziept. Als sie fertig ist, sagt sie: «Das ergibt wieder ein Knäuel. Sie packt Cassys Haare in eine Tüte zu jenen von Kira und überreicht sie Ingrid Hauenstein, die sich freut. «Ich bin derart Fan von Brigittas Werken, dass ich ebenfalls angefangen habe, zu spinnen und zu stricken.» Die Wolle gebe gefühlt zehnmal wärmer als
herkömmliche, sei angenehm auf der Haut, und die Kleidungsstücke würden toll aussehen. «Ich finde das Fell meiner Hunde cool! Schwarz und Weiss sind genau meine Farben, sportlich- elegant», sagt die 56-Jährige. Mützen und Handschuhe hat sie bereits. Bald will sie einen Pulli aus Landseer-Wolle in Angriff nehmen. Viele Stunden für einen Knäuel. Einen Pullover hat bei Brigitta Kalbermatter noch niemand bestellt. «Der hohe Preis schreckt ab», erklärt sie. Allein das Material dazu kostete 400 Franken, 40 pro 100 Gramm Wolle, die Arbeit noch nicht mitgerechnet. «Die Fasern des Hundehaars sind fluffiger und rutschiger als zum Beispiel die von Schafen. Deshalb ist es aufwendiger, sie zu spinnen. Für einen Knäuel brauche ich fünf bis sieben Stunden.» Hinzu kommt, dass sie die Wolle mehrmals in Wasser einlegen und gut waschen muss,
damit sich der Geruch nach Hund verflüchtigt. Die Hundecoiffeuse macht alles von Hand. Viel Geld verdient sie damit nicht. Trotzdem ist sie glücklich, weil sie «ein erfüllendes Hobby» gefunden hat und damit auch anderen eine Freude macht. Hat die Kundschaft einmal keine Wünsche, strickt sie für sich und ihren Mann Mario – oder die beiden Cairn Terrier. Denn mit Oki, 3, und Diego, 11, betreibt das Ehepaar den Sport Mantrailing. Dabei verstecken sich die Kalbermatters abwechselnd und lassen sich von den Hunden finden, die zuvor an einem Kleidungsstück gerochen haben. Während der eine im Wald rumrennt und sucht, muss der andere im Auto warten. «Damit in dieser Zeit keiner friert, habe ich ihnen kleine Pullis gelismet», sagt Brigitta Kalbermatter und präsentiert die beiden: Oki trägt Schäfer, Diego Chow-Chow.
nur wenig genutzt werden, und berät Textilunternehmen. Brägger sagt: «Den Leuten ist gar nicht bewusst, was alles verwertbar ist. Hunde brauchen ohnehin Fellpflege. Da ist es ökologisch durchaus sinnvoll, etwas aus den Haaren zu machen. » Dennoch würden die Erzeugnisse Nischenprodukte bleiben. Davon ist auch Nina Bachmann, Geschäftsmitglied des Schweizer